
38. Reisetag
Montag, 22. Juni 2015
Von Sjøstrand Camping nach Songnabben Camping (ca. 11 km hinter Skarnes)
Als ich an diesem Morgen aus dem Zelt lugte, war das Tal, in dem der Platz liegt, nebelverhangen, wie in Watte verpackt. Um 07:45 h rollte der Troll die 15 km gen Kongsvinger und wie es die Wolken schon verhießen, regnete es, was aber schnell vorüberging. Ich hatte ja meine Regensachen provokanter Weise nicht angezogen und vielleicht haben sich die Wolken von meiner Ignoranz beeindrucken lassen.
Tja, dann passierte das erste Missgeschick an diesem Tag. Unter sträflicher Missachtung oder auch Unaufmerksamkeit, weil ich gleichzeitig eine Bank suchte um wieder liquide zu sein, nahm ich den falschen Abzweig und fuhr in die eigentlich entgegengesetzte Richtung. Das an sich ist, wenn man es rechtzeitig bemerkt, nicht so tragisch. Ich denke, ich bin nicht der Erste, der sich mal verfährt. Aber diese Strecke von 9 km in die falsche Richtung war mit Anstiegen gespickt, der Längste mit 2,5 km und so steil, dass ich den überwiegenden Teil schieben musste. Eine innere Stimme brachte mich dann dazu, doch noch einmal nachzuschauen. Da bemerkte ich meinen Irrtum, fluchte innerlich und beschimpfte mich mit Worten, die ich hier lieber nicht wiederholen möchte. Aber Glück im Unglück, ich hatte ein paar tolle Abfahrten. So war ich schnell wieder in Kongsvinger, fand auch die Bank, stärkte mich mit ein paar mit Speck ummantelten Pølser und schon ging’s weiter. Ein leichtes Klacken am Reifen war schnell beseitigt (ein weißer Kiessel) aber das hatte noch Folgen wie ihr lesen werdet.
Irgendwo mitten zwischen Kongsvinger und Skarnes, beides ca. 15 km vom Ort des Geschehens entfernt, hatte ich das Gefühl, mein Vorderrad sei so schwammig. Eine Speiche gerissen oder was war los? Na es war ein Plattfuß. Also, Werkzeug raus. Einen Plattfuß zu reparieren bei voll beladenem Fahrrad ist nicht einfach, aber ich hatte mir ja vor der Fahrt zwei dieser neuen Schläuche mit zwei Enden besorgt, der den Ausbau des Rades nicht erforderlich machte. Aber mir tat es leid, den alten Schlauch zu zerschneiden, was man zwangsläufig dann machen muss. So habe ich das Fahrrad auf die Seite gelegt und doch das Rad ausgebaut, alten Schlauch raus, neuen rein, aufpumpen, fertig. Aber als ich pumpen wollte, stellte ich fest, falsche Pumpe eingepackt. Dieser Irrtum, der mir aber erst später einfiel, sollte sich noch als Glücksfall erweisen.
Was nun? Zwei Autofahrer versuchte ich anzuhalten und um Hilfe zu bitten, sie schauten nur und fuhren weiter. Ich saß mitten in der Einöde, 15 km in jede Richtung vom nächsten Ort entfernt. Da sah ich Straßenbauarbeiter ca. 100 m von mir entfernt. Ich lief zu ihnen hin und bat um Hilfe. Nach einigem Hin und Her erklärte sich einer, Ove Nordby, bereit mich zur nächsten Werkstatt in Skarnes zu transportieren, wenn er noch einige Arbeiten erledigt hatte. Ein halbe Stunde später kam er wie versprochen, half mir beim Einladen des Rades und schon ging’s los. Während der Fahrt zur Werkstatt kamen wir auch schnell auf ein gemeinsames Thema zu sprechen: Motorräder. Da ich früher selbst viel gefahren bin hatten wir uns einiges zu erzählen und die Fahrt gestaltete sich sehr kurzweilig. Kurz vor Erreichen der Werkstatt fragte ich Ove, was er denn für den Transport bekomme. „Nichts“ war seine kurze Antwort. Ich bedankte mich, ließ mir seine Adresse geben und versprach ihm eine Karte vom Nordkap zu schicken.
An der Werkstatt in Skarnes angekommen (Skarnes Sport As, Sport 1) erklärte Ove dem Inhaber Øystein Breiby mein Problem. Øystein nahm mein Rad, verschwand ohne ein weiteres Wort in der Werkstatt und untersuchte alles sehr gründlich. Ein guter und gründlicher Schrauber, dachte ich. Tatsächlich fand er noch den Rest des Steins, von dem ich dachte, ich hätte ihn entfernt. Er hatte die Form eines Haifischzahns. Ohne geeignetes Werkzeug hätte ich ihn nie gefunden oder entfernen können. Schnell war der Schaden behoben und der Troll konnte wieder laufen. Während Øystein schraubte unterhielten wir uns und er bat darum, deutsch zu sprechen, das habe er in der Schule gelernt und er sprach es erstaunlich gut.
Wiederum zum Glück fiel mir jetzt erst ein, dass ich nicht die falsche Pumpe hatte, sondern nur das Gummi in der Pumpe drehen musste, damit es auf meine Ventile passt. Wäre mir das schon vor Ort eingefallen, hätte ich mir den nächsten Plattfuß eingehandelt. Als es ans Bezahlen ging, lehnte Øystein, mit dem ich mich so nett über Fahrräder unterhalten habe, dankend ab, wünschte mir noch eine gute Fahrt ohne Pannen zum Kap und zeigte mir noch den nächsten Campingplatz, der auf meinem Weg liegt, ca. 10 km entfernt, denn mir war wahrlich die Lust vergangen heute noch weitere 50 km zu fahren. So deckte ich mich mit Lebensmitteln ein, fuhr zu dem Platz und bin jetzt wieder rundum zufrieden. Das Glück in solchen Situationen Leute zu treffen wie Ove und Øystein scheine ich gepachtet zu haben, wenn ich mal eine Panne habe. Natürlich habe ich auch Øystein eine Karte vom Nordkap versprochen. Die Bildausbeute für den heutigen Tag war auf Grund der Umstände natürlich auch sehr mager. Ich hatte andere Dinge im Kopf als zu fotografieren.
Statistik:
Tageskilometer: 56,39 km
Tageshöhenmeter: 399 m
Fahrzeit: 03:37 Std.
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