
34. und 35. Reisetag
Freitag, 17. Juni 2016
Samstag, 18. Juni 2016
Vätternrundan
Endlich war der Tag gekommen und das Warten hatte ein Ende. Die Wetterprognosen für den Marathon waren denkbar ungünstig, sogar richtig schlecht. Es sollte vom Start weg die ganze Nacht regnen. Dabei war mit ein Grund warum ich den Start verlegte die erste Vorhersage, dass es erst ab 01:00 Uhr regnen sollte. So blieb denn die Frage: Starten oder nicht starten? Gleich beim ersten Mal, 2012, hatte ich eine solche Regen-Fahrradnacht mitgemacht, bei der viele der Teilnehmer ausgestiegen sind. Sollte sich das bei dem letzten Auftritt wiederholen? Wie dem auch sei, der Sportsgeist obsiegte und so traf ich alle Vorbereitungen, die natürlich auch ein gewisses Beruhigungspotential haben, Rad putzen, Kette ölen, Startnummern anbringen etc.
Am Nachmittag wollte ich mich dann ausruhen und schlafen, sozusagen vorschlafen. Schließlich werde ich alles in allem ca. 17 Stunden unterwegs sein. Doch wie schon so oft war an Schlaf nicht zu denken. Erstens brannte die Sonne ordentlich auf’s Zelt, so dass es unmöglich war darin zu schlafen. Zweitens, nachdem ich meine Matte nach draußen verfrachtet hatte, sorgte die mittlerweile zahlreich vorhandene Radlergemeinde auf dem CP für große Unruhe. Fazit: Schlafen unmöglich. Es blieb also nur, sich Teile des Köl’schen Grundgesetzes zueigen zu machen.
Et es wie et es.
Et kütt wie et kütt.
Et hätt noch immer jot jejangen.
Watt wellste maache?
Nach dem Aufladen der Kalorienbatterie rollte ich die 3,5 km zum Start zum Marktplatz. Dort war schon ein reges Treiben im Gange, jede Menge fröhliche Zuschauer, viele aufgeregte Teilnehmer und eine Live Band heizte mit ihren beiden kurzberocken Leadsängerinnen der Menge ordentlich ein. Kurzum, eine super Stimmung herrschte auf dem Platz.
Dann war meine Gruppe dran, ca. 80 Fahrerinnen und Fahrer drängten in die Startbox, die abgegittert war. Startzeit 20:30 Uhr, linke Startbox. Der 2-Minuten Countdown auf der Uhr lief gnadenlos ab und dann wurden wir mit einem „Lycka Till“ der Ansagerin und unter dem Beifall der Zuschauer auf die Strecke geschickt. Ein wenig Gänsehaut lief mir da schon den Rücken runter. Gerade diese Szenerie ist es, die das Rennen in Motala so sehens- und erlebenswert macht. Und noch keine Spur vom vorausgesagten Regen – auch Wetterfrösche können manchmal in die falsche Richtung hüpfen, dachte ich so bei mir. Der Beifall der begeisterten Schweden trug uns unter Motorradbegleitung aus der Stadt hinaus und auf den ersten Kilometern (genau weiß ich es nicht) erlebten wir einen Sonnenuntergang, der die Fahrstimmung bei mir vollends auf den Höhepunkt trieb.
So motiviert ließ ich das erste Depot aus, das zweite nach ca. 80 km steuerte ich vorsichtshalber an. Kurz davor hatte sich ein leichtes „Magengrummeln“ angedeutet, Fehlalarm, also weiter. Jönköping sollte dann ein etwas längerer Stop werden. Dieses Depot war in einer Eissporthalle untergebracht und bot mir, nach entsprechender Kalorienezufuhr, die Gelegenheit, mich an der Bande auszuruhen, ja sogar ein kurzes Schläfchen zu halten und so mein Defizit etwas auszugleichen. Danach rollte es gleich viel besser, bis … ja bis … der Regen kam. Man konnte die Wasserwand schon von Weitem erkennen und so rechtzeitig die Regenklamotten überziehen – was folgte war eine Regenfahrt, die alle Konzentration erforderte und zu allem Überfluss wurde es auch noch kalt. Meine Satteltasche war leer, alles was ich mitgenommen hatte, trug ich am Körper – trotzdem war mir kalt, was vielleicht auch auf den mangelnden Schlaf zurückzuführen war. Erstaunlicherweise gab es aber auch noch Radler/-innen, die auch dann noch komplett im Kurz-Outfit fuhren. So folgten quälende 80 km, ehe der Regen stoppte, trotzdem behielt ich meine komplette Kleidung an, denn kalt war mir immer noch.
Überflüssigerweise kommt dann manchmal noch so ein Witzbold, der einem in’s Ohr flüstert: Warum machst du das eigentlich? Hör‘ doch einfach auf! So oder ähnlich empfindet wohl jeder einmal der solche Strecken fährt. Doch im anderen Ohr sitzt dann einer der sagt: Jetzt beiß dich endlich durch und hör auf zu Jammern – der hat nach kurzem Kampf auch bisher immer gewonnen, sehr zu meiner Freude. Und dann sind da noch die Zuschauer, die auch Nachts noch am Straßenrand stehen und durch ihre Anfeuerungs- und Beifallrufe, Abklatschen der Fahrer ja sogar reichen von gegrillten Marshmallows die Motivation noch mal richtig in die Höhe treiben. Das ist besonders wichtig gegen Ende des Rennens, wenn man bedingt durch Kälte, Wind, Regen und Steigungen abschaltet und nur noch in die Pedale tritt, aber es ist ja meine 5. und vermutlich letzte Runde, da wäre ein Aufgeben sowieso nicht in Betracht gekommen – also durch, egal wie und am Ende war ich nur eine Stunde langsamer als meine bisher schnellste Zeit (immer nur die reine Fahrzeit die mein Radcomputer anzeigt, nicht die Gesamtzeit, die im Ergebnisprotokoll veröffentlicht wird).
Die Strecke, die durch Wälder, Felder und über wenig befahrene Straßen führt, gibt immer mal wieder den Blick auf den See frei und ist sehr gut durch die vielen freiwilligen Helfer abgesperrt, so macht radeln Spaß und am Ende gab es die wohlverdiente Belohnung in Form der silbernen Medaille für die 5. Umrundung (bei mir in Folge).
Meine gesamte Marathon „Ausbeute“ dieser Reise:
Jeder der Teilnehmer kann sich im Anschluß noch einen Nudelsalat sowie ein Leichtbier abholen und den Rest des Tages im Erlebnispark der Veranstaltung verbringen. Sebastian und ich haben uns am Ende auch noch am Verpflegungswagen getroffen, uns gegenseitig gratuliert und das Leichtbier auf die letzte Vätternrunde für uns getrunken … oder? Beide waren wir ziemlich k.o. und ich wollte dann nur noch zum CP, duschen, essen, schlafen. Zufrieden mit mir krabbelte ich in den Schlafsack und freute mich auf die morgige Heimreise.
Statistik:
Tageskilometer: 310,12 km
Tageshöhenmeter: 1824 m
Fahrzeit: 13:33:00 Std.
Durchschnitt: 22,87 km/h
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